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Biomasse Suisse
 
 
 

Biogasanlagen als kleine, regionale Kraftwerke

Obwohl die Biogastechnologie eine hochentwickelte und einsatzbereite Technologie darstellt, ist die Nutzung von Biomasse und Hofdünger als Energiequelle in der Schweiz noch sehr begrenzt. In der Schweiz gibt es aktuell 42 Anlagen, die Biogas produzieren und ins Gasnetz einspeisen. Allein 2022 gingen vier neue Anlagen ans Netz, darunter die erste industrielle Anlage zur Produktion vom Biomethan aus grünem Wasserstoff und CO2 beim Regiowerk Limeco in Dietikon ZH. Dazu existieren Hunderte kleinere Biogasanlagen. Diese verwenden das produzierte Biogas gleich direkt vor Ort und wandeln es in einem kleinen Blockheizkraftwerk zu Strom und Wärme um.

Biogas leistet damit einen grossen Beitrag zur Energiesicherheit – denn die Rohstoffe stammen aus der unmittelbaren Umgebung. Wichtig: In der Schweiz werden keine Nutzpflanzen für die Biogas-Produktion angebaut. Die Schweizer Gasversorger zählen übrigens zu den Pionieren bei der Biogas-Produktion: Denn 1997 gelang es in Samstagern ZH weltweit zum ersten Mal, Biogas aufzubereiten und ins Erdgasnetz einzuspeisen. Die Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL beziffert das Potenzial von Biogas aus Biomasse und nachhaltiger Nutzung in der Schweiz auf rund 5 TWh.

Biogas entsteht meist durch anaerobe Vergärung

Bei Biogasproduktion wird bei den Rohstoffen zwischen festen und flüssigen Stoffen unterschieden. Flüssige biogene Abfälle werden via Pipeline von Betrieben aus Landwirtschaft und Industrie oder per LKW angeliefert. Das feste Material hingegen muss zuerst mit einem Schredder zerkleinert und per Sieb idealerweise von Fremdstoffen wie Metalle oder Plastik befreit werden, bevor es in die Biogasanlage eingespeist werden kann.

Biogas entsteht bei der anaeroben Vergärung von Gülle, Mist und organischen Reststoffen. Im Innern einer Biogasanlage leben dazu Mikroorganismen unter Luftabschluss, die das organische Material abbauen und zu Roh-Biogas umwandeln. Dieser biologische Prozess heisst Methanisierung. Für die weitere Aufbereitung gibt es dann unterschiedliche technologische Möglichkeiten. Für kleine Biogasaufbereitungsanlagen haben sich in der Praxis Membranverfahren etabliert. In einem ersten Schritt, der sogenannten Gasaufbereitung wird vom Roh-Biogas, welches aus 55 bis 60 Prozent Methan (CH4), rund 40 Prozent Kohlendioxid (CO2) und einem geringen Anteil an anderen Gasen besteht, das Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff technisch abgetrennt.

Wie hier in der ARA Bern werden biogene Reststoffe dank modernen Biogasanlagen zu wertvoller Energie verwertet. Quelle: CNG-Mobility.ch

Roh-Biogas wird aufbereitet und kann danach ins Netz eingespeist werden

Die Abtrennung bewirkt eine Erhöhung des Brennwertes – also eine Verbesserung des Energiegehalts. Schliesslich entsteht ein zu Erdgasqualität aufbereitetes Biogas mit einem Methangehalt von über 96 Prozent. Nach entsprechender Druckerhöhung und der Zugabe des typischen Gasgeruchs durch Odorierung, kann das aufbereitete Biogas in das Netz eingespeist werden. In landwirtschaftlichen Biogasanlagen bleibt zudem nach dem Gärprozess die sogenannte Gärgülle übrig. Diese kann als veredelter Hofdünger wieder aufs Feld verteilt werden. Sie ist im Vergleich zur herkömmlichen Gülle für die Pflanzen sogar besser aufnehmbar. Und dank der besseren Qualität des natürlichen Düngers kann man auch den Einsatz von herkömmlichem Mineraldünger reduzieren. Aus einer Tonne Grüngut entsteht übrigens Biogas, mit dem man etwa 1000 Kilometer klimaneutral fahren kann. Und mit jedem produzierten Kubikmeter Biogas werden im Vergleich zur konventionellen Hofdüngerbewirtschaftung rund 1,4 kg weniger CO2 emittiert.

Neben der AV sind die hydrothermale Vergasung und die Biokohleproduktion weitere, interessante aufkommende Technologien mit grossem Potenzial für die quantitative Umwandlung von Biomasse. Dazu müssten aber die Schweizer Biogasinfrastruktur und die bestehenden Investitionsanreize für Biogasanlagen noch deutlich ausgebaut werden.

Für die Belieferung seiner Berner Filiale nutzt der Detailhändler Lidl lokal produziertes Biogas ‹made in Bern›, was die CO2-Emissionen im Strassenverkehr verringert und gleichzeitig auch hilft, Abfälle sinnvoll wiederzuverwerten. Quelle: CNG-Mobility.ch

Biogasanlagen schaffen lokale Wertschöpfung und schliessen Stoffkreisläufe

Neue Fermenter-Techniken, etwa im Bereich der Trockenfermentierung, erlauben eine immer höhere Effizienz bei der Biogas-Herstellung. Auch für kleinere Gemeinden und Standorte kann sich inzwischen eine moderne Biogasanlage lohnen, da sich diese heute schon mit 300 Tonnen Bioabfall betreiben lassen. Durch ihren modularen Aufbau sind solche Anlagen flexibel an individuelle Anforderungen mit Jahreskapazitäten von 1000 bis 6000 Tonnen anpassbar. Diese Biogasanlagen erlauben eine klimaneutrale Energiegewinnung aus organischen Reststoffen und gleichzeitig die Herstellung von hochwertigem Kompost für den Boden. Die naturnahe Kombination aus Biogaserzeugung und Kompostierung rechnet sich und erspart der Atmosphäre rund 267 kg CO2 pro Tonne Bioabfall. Wie das Beispiel der ARA Bern sowie weiteren internationalen Standorten etwa in Augsburg (D) oder Sinsheim (D) zeigen, können in grossen Anlagen bei Bedarf auch zentral höhere Kapazitäten mit 60’000 bis 75’000 Tonnen Biomasse pro Jahr verarbeitet und dort problemlos zu kostbarer und CO2-neutraler Energie umgewandelt werden.

Neben den Vorteilen für die Umwelt – insbesondere die Reduktion der CO2-Emissionen – hilft jede Biogasanlage auch dabei, die Schweiz unabhängiger von ausländischen Energieimporten zu machen und so die Versorgungsicherheit zu erhöhen. Zudem generiert sie lokale Wertschöpfung und schliesst Stoffkreisläufe.

 

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