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E-Fuel Diemer Porsche
Porsche/eFuel Alliance
 
 

Einzigartige Chance für E-Fuels

Der eFuel-Alliance-Geschäftsführer Ralf Diemer erklärt im Exklusivinterview mit CNG-Mobility.ch, wieso die fehlende Industrialisierung die E-Fuels-Entwicklung noch hemmt und, welche Vorteile synthetische Treibstoffe bieten. Warum eine nationale Betrachtung bei der Klimawende genauso wenig bringt wie bei der E-Fuel-Produktion.


Im Rahmen des Porsche-Marken-Pokals fahren alle neuen 911 GT3 Cup-Rennwagen seit der Saison 2021 mit einem hauptsächlich biobasierten E-Fuel. Quelle: Porsche

Der europäische «Green Deal» bietet für E-Fuels eine grossartige Chance, da nicht weniger als 13 EU-Regulierungen diskutiert und angepasst werden – von einer freiwilligen Anrechnung bei CO2-neutralen Treibstoffen bis hin zur Steuerbelastung der E-Fuels. Denn diese werden im Moment immer noch gleich besteuert wie fossiles Benzin, obwohl E-Fuels aus erneuerbarem Strom produziert werden und somit genauso nachhaltig sind wie etwa Biogas. Fällt die enorme Treibstoffsteuer weg – sie beträgt beispielsweise in Deutschland satte 65 Cent pro Liter –, ergibt sich zudem viel schneller ein Business Case für die Produktion von E-Fuels. Darum ist die eFuel Alliance und deren Geschäftsführer Ralf Diemer aktuell stark gefordert.

Herr Diemer, was sind denn die konkreten Vorteile von E-Fuels?
Ralf Diemer, Geschäftsführer E-Fuel Alliance:
Zunächst einmal sind sie genauso nutzbar wie heute fossile Treibstoffe. Sie nutzen dieselbe Infrastruktur und zwar Tank-, Transport- sowie Lagerungsinfrastruktur. E-Fuels enthalten auch Paraffine, so ist zum Beispiel synthetischer Diesel ein paraffinischer Treibstoff. Der Vorteil bei E-Fuels ist, dass sie keine Verunreinigungen enthalten – daher sind sie auch durchsichtig – und dass sie kaum Feinstaub produzieren. Ausserdem handelt es sich um sehr homogene Ketten. Die Aufbereitung in den Raffinerien ist also deutlich einfacher.

Wie meinen Sie das?
Ich bin nicht mehr von erneuerbarer Energie aus Deutschland, der Schweiz oder aus Europa abhängig. Strom lässt sich nicht so leicht transportieren, aber mit E-Fuels kann ich zusätzliche Mengen an erneuerbarer Energie in Chile, Südafrika oder Australien produzieren, wo ich drei bis vier Mal mehr Wind und Sonne habe. Und dies gar zu wesentlichen günstigeren Preisen. Ich kann diese E-Fuels transportieren, weil sie genau – wie herkömmliche Rohölprodukte auch – transportabel sind. Das sind die Hauptvorteile.

E-Fuel Diemer

Gibt es noch weitere?
Ein weiterer Vorteil ist sicherlich die Breite der Anwendungen von E-Fuels. Sie können für alle Anwendungen, die wir heute verbrennungstechnisch nutzen, ebenfalls verwendet werden. Ausserdem kann ich damit auch Wasserstofflösungen entwickeln, etwa für die Brennstoffzellen-Technologie und zwar nicht nur in der Mobilität. Erneuerbarer Strom fällt an, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint und nicht zwingend, wenn wir diesen brauchen. Dank E-Fuels kann ich diesen erneuerbaren Strom speichern. Ich kann ihn als Wasserstoff oder als Folgeprodukt wie beispielsweise synthetisches Methan nutzen und hab die kostbare Energie nicht verloren.

Was sind denn aktuell die grössten Nachteile, die gegen E-Fuels sprechen?
Die Kosten. Im Moment sind die noch konkurrenzlos hoch. Das liegt aber auch daran, dass es noch keine industrielle Produktion für E-Fuels gibt. Es gibt auch noch keine Fertigung von Elektrolyseuren. Die werden bei Siemens derzeit noch auf Nachfrage in Handarbeit produziert! Die fehlende Industrialisierung bezieht sich also nicht nur auf die Treibstoffproduktion selbst, sondern auch auf die Technologie dahinter – das muss alles noch hochgefahren werden. Dann kriegen wir auch Skaleneffekte, welche die E-Fuels voranbringen.

Quelle: eFuel Alliance

Gibt’s weitere Hemmnisse?
Es gibt natürlich die berechtigte Kritik, dass wir durch die Umwandlung Energieverluste haben. Das heisst E-Fuels sind weniger effizient als die direkte elektrische Anwendung. Deswegen sollten E-Fuel auch tendenziell nicht in Deutschland oder Europa hergestellt werden, sondern an Orten, wo dies von den Rahmenbedingungen her viel kostengünstiger geschehen kann. Wir dürfen nicht den Fehler machen – wie dies in Deutschland oft geschieht –, dass wir dies als nationales Problem betrachten.

Dabei ist es eine globale Herausforderung…
Genau, denn aus der Brille der nationalen Energieversorgung heraus, bedeutet es: Mit dem teuren und knappen erneuerbaren Strom aus Deutschland auch noch E-Fuels im grösseren Stil herzustellen – oder auch Wasserstoff. Diese Idee halte ich für eine Illusion. Es ist schlicht zu teuer und zudem werden wir auf absehbarer Zeit den erneuerbaren Strom dazu gar nicht haben. Der wird woanders gebraucht. Wir verbrauchen für die eigene Elektrifizierung – u.a. in der Mobilität – mehr Strom.

Auch die britische Luxus-Marke Bentley setzt seit über einem Jahr in der Logistik auf E-Fuels, um die CO2-Emissionen senken zu können. Quelle: Bentley

Woher soll der ganze erneuerbare Strom kommen?
Die ganzen Effizienzberechnungen für E-Fuels sind dann ein Nachteil, wenn ich sozusagen immer den Ist-Zustand betrachte. Wenn ich es aber global betrachte und sage, wir stellen zusätzliche erneuerbare Energie an Orten her, wo es sich wirklich lohnt, dann sieht es anders aus. Auch diese Standorte werden im Übrigen profitieren. Chile hat beispielsweise für seine eigene Energieversorgung ebenfalls einen Vorteil, wenn dort E-Fuels produziert werden. Dazu müssen vor Ort erst einmal erneuerbare Energiequellen für diesen Strom erschlossen und aufgebaut werden. Darum ist auch die chilenische Regierung beispielsweise am Haru-Oni-Projekt von Siemens Energy und Porsche so interessiert. Denn dadurch könnte Chile am Weltmarkt der Energieversorgung teilnehmen, gleichzeitig seine eigene Energieversorgung verbessern und ausserdem dekarbonisieren. Wenn man dies richtig macht, dann kann daraus eine win-win-Situation für alle Beteiligten werden.

Welches Potenzial besteht durch synthetische Treibstoffe bei der CO2-Minderung – sind gar negative CO2-Werte denkbar?
Wenn ich CO2 aus der Luft abscheide oder aber auch Biomasse verwende, dann komme ich auf jeden Fall auf Netto-Null. Und je nachdem, auf welche Weise ich das CO2 «gewinne», kann ich natürlich auch in den negativen Bereich kommen. Aber man ist auf jeden Fall klimaneutral – das ist entscheidend!

E-Fuel DiemerRalf Diemer, Geschäftsführer eFuel Alliance, erläutert die Effizienz der E-Fuel-Produktion je nach Standort. Quelle: eFuel Alliance

Wie stehen Sie zu einer CO2-basierten Energiebesteuerung? Wäre das ein Mittel, um den E-Fuel einen Schub zu verleihen?
Klar, das ist auch einer der zentralen Forderung unserer eFuel Alliance. Wir brauchen ein Energiesteuersystem, das CO2-arme Energieträger belohnt. Idealerweise mit Niedrigsteuersätzen oder sogar einer Steuerbefreiung. Durch eine CO2-basierte Energiebesteuerung kommt man als Konsument zum Schluss, dass fossile Energieträger teuer sind. Das ist ja genau die richtige Erkenntnis, weil wir wegkommen wollen von den fossilen Energieträgern. Beim Vorschlag der EU-Kommission mit einem Emissionshandel wird dagegen von Anfang an alles teurer. Am besten erfolgt eine Sensibilisierung über den Preis, gleichzeitig ist es auch ein sehr sensibles Thema. Das sieht man bei den Debatten über die Energiepreise, da das Ganze auch eine soziale Komponente beinhaltet. Auf europäischer Ebene erfordert ein Steuerthema ausserdem eine Einigkeit im EU-Rat. Das wiederum ist sehr schwer durchzusetzen, da das Veto eines EU-Landes reicht, um eine solche CO2-basierte Energiebesteuerung zu kippen.

Wie wollen Sie dennoch mehr Einfluss gewinnen und E-Fuel sowie Ihre Allianz bekannter machen?
Wir werben eifrig Mitglieder, aktuell sind es schon weit über 150 Unternehmen. Zudem verbreiten wir unsere Basis. Wir vertreten inzwischen Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette von E-Fuels. Und seit kurzem gehört mit dem ADAC auch Europas grösster Verkehrsclub zu unseren Mitgliedern. Wir versuchen uns also auch mehr in Richtung Konsumenten zu fokussieren – die sind am Schluss die Betroffenen. Wir sind inzwischen europäisch aufgestellt, was uns in Brüssel natürlich etwas mehr Gewicht verleiht.

Vor allem die Bestandsflotte konnte durch den Einsatz von E-Fuel oder auch deren Beimischung in herkömmliche Treibstoffe rasch dekarbonisiert werden. Quelle: Bosch

Was sind Ihre nächsten Schritte?
Wir sind aktuell sehr intensiv mit den Gesetzgebungsprozessen im EU-Parlament und im EU-Rat beschäftigt. Dort werden in den nächsten eineinhalb Jahren richtungsweisende Entscheidungen getroffen. Zudem waren wir in den letzten Wochen parallel dazu sehr engagiert in Deutschland, wo durch die neue Regierung unter Olaf Scholz ebenfalls Weichenstellungen für E-Fuels getroffen wurden. Im Moment läuft es nicht schlecht, aber es ist auch nicht einfach. Das Thema E-Fuels ist speziell im Strassenverkehr sehr umstritten. Wir haben kein Problem, wenn sich hier die Elektromobilität durchsetzt, dann soll es so sein. Wir bekämpfen auch nicht das Elektroauto. Wir haben nur Zweifel, dass dies mit einer Technologie für alle Anwendungen funktionieren wird. Und wir glauben auch, dass wir damit die Klimaziele nicht erreichen werden. Daher setzen wir uns für Technologieoffenheit und die E-Fuels ein. (jas, 20. Dezember 2021)

Lesen Sie auch den ersten Teil des Exklusivinterviews mit eFuel-Alliance-Geschäftsführer Ralf Diemer «E-Fuels als ideale Ergänzung»

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