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E-Fuels als ideale Ergänzung

Wieso die batterieelektrische Mobilität alles andere als der Königsweg ist; warum E-Fuels für die Bestandsflotte der grössere Hebel zu mehr Nachhaltigkeit wären; aber auch wieso E-Fuels die optimale Ergänzung zur Elektromobilität sind, erläutert Ralf Diemer, Geschäftsführer der eFuel Alliance, im Exklusivinterview mit CNG-Mobility.ch.

E-Fuel Porsche Ob alte oder neue Modelle, dank E-Fuels im Tank könnten auch sportliche Porsche-Modelle CO2-neutral unterwegs sein. Quelle: Porsche

Das bislang geplante «Fit for 55»-Paket macht die EU eindeutig nicht fit genug für eine klimaneutrale Zukunft. Um die ambitionierten Klimaziele der Politiker wirklich zu erreichen, sind massive Investitionen in erneuerbare Energien auf der ganzen Welt nötig. Und zwar in die unterschiedlichsten Energieträger. Um die Energiewende zu beschleunigen, sollte technologieoffen agiert werden. Die eFuel Alliance, deren Geschäftsführer Ralf Diemer ist, setzt sich für die Förderung und den weltweiten Ausbau der Produktionskapazitäten von E-Fuels und deren breite Anwendung ein.

Herr Diemer, die Rechnung ist für viele Autohersteller einfach: Da die Emissionen eines E-Fahrzeugs regulatorisch, immer gleich Null sind, ist es für diese äusserst attraktiv, den CO2-Ausstoss ihrer Flotten durch E-Autos zu reduzieren. Wie stehen Sie dieser All-Electric-Strategie gegenüber?
Ralf Diemer,
Geschäftsführer eFuel Alliance: Dass der Fokus der Hersteller momentan auf der Elektromobilität liegt, ist keine besondere Neuigkeit. Aktuell gilt schlicht eine Tail-Pipe-Regulierung, wo nur auf das einzelne Fahrzeug und den Auspuff gekuckt wird, aber nicht auf die Vorkette. Das hat zur Folge, dass bei der Regulierung ein Elektroauto, selbst wenn es mit Kohlestrom fährt, immer 0 Gramm CO2 ausstösst, während ein Verbrenner, selbst wenn er mit 100 Prozent E-Fuel fahren würde, trotzdem einen CO2-Wert hat, weil schlicht eine lokale Verbrennung stattfindet. Das halten wir für falsch, dabei lügt man sich ja selbst an. Kein Elektroauto ist ein Null-Emissions-Fahrzeug – schon gar nicht derzeit, da noch viele fossile Energieträger im europäischen Stromnetz sind.

Eine Beurteilung der Emissionen von Personenwagen und leichten Nutzfahrzeugen über den gesamten Lebenszyklus wäre also angebracht…
In einer idealen Welt würden, wir jetzt eine Diskussion führen, wie wir zu einer ganzheitlichen Emissionsbetrachtung kommen können. Das hat die EU-Kommission aber nicht vorgeschlagen und das lehnen die Automobilhersteller auch ab.

E-Fuel Diemer

Wieso denn auch die Autohersteller?
Das ist für mich verständlich, da es durchaus komplex ist, wenn man die Vorkette bei der CO2-Berechnung auch noch zu berücksichtigen hat. Da gibt’s viele Fragen: Wie komme ich an diese Daten ran? Wie organisiert man das? Wie weit geht man in die Vorkette? Was wird alles berücksichtigt für den CO2-Wert? Oft klingt alles logisch, aber das Problem liegt in der Ausgestaltung und den Details. Wir sind aber schon der Meinung, dass man diese Tail-Pipe-Regulierung ändern sollte. Wir schlagen dazu ein Crediting-System vor.

«Kein Elektroauto ist ein Null-Emissions-Fahrzeug – schon gar nicht derzeit, da noch viele fossile Energieträger im europäischen Stromnetz sind.»

Und wie soll dieses aussehen?
Automobilhersteller sollen weiterhin die Möglichkeit haben, Verbrennerfahrzeuge auf den Markt zu bringen. Doch wenn sie das wollen, müssen sie selbst in E-Fuels investieren – in welcher Form auch immer. Sie können selbst investieren oder sich mit einem Produzenten zusammentun, damit der Spritbedarf über die ganze Nutzungsdauer und somit die Gesamtfahrzeugleistung hinweg als E-Fuels auf den Markt gebracht wird.

So etwas müsste aber bilanziell erfolgen, wie bei Strom…
Klar, die Deutsche Bahn sagt ja von sich auch, dass sie zu 100 Prozent mit Ökostrom fährt. Das stimmt nur bilanziell, denn es gibt durchaus Zeiten, in denen sie mit Kohlenstrom fährt. Die Bahn muss am Ende dafür sorgen, dass ihr Verbrauch in Form von erneuerbarer Energie ins Netz eingespeist wird. So ähnlich muss man dies für E-Fuels ebenfalls regeln. So hätten die Fahrzeughersteller auch die Möglichkeit, ihre Klima- und Flottenziele zu erreichen, selbst wenn der Hochlauf der Elektromobilität nicht so klappt, wie sich das alle so vorstellen.

E-Fuel Porsche Der Sportwagenhersteller Porsche und Siemens Energy errichten in Punta Arenas in Chile gemeinsam mit einer Reihe von internationalen Unternehmen eine Industrieanlage zur Herstellung nahezu CO2-neutralen Treibstoffs. Quelle: Porsche

Sie sind bezüglich der E-Mobilität eher skeptisch…
Vor allem, wenn ich an die Infrastruktur denke. Da geht nicht alles so schnell, wie geplant. Mit E-Fuels hätte man zudem einen grossen Hebel, weil die Vermeidungskosten für die Tonne CO2 im Strassenverkehr mit Abstand am höchsten sind. Dieser Hebel liesse sich nutzen, um weitere Investitionen in den E-Fuel-Bereich zu tätigen und am Ende so auch mehr Klimaschutz zu erreichen.

Mehr Investitionen in E-Fuel: Bloss Kritiker werfen E-Fuels stets Probleme bei der Herstellung in den nötigen Mengen und mangelnde Wirtschaftlichkeit vor, was erwidern Sie darauf?
Erstens: Es stimmt beides. Das ist aber auch nicht überraschend, weil es derzeit im regulatorischen Räderwerk der EU keinen wirklichen Anreiz gibt, in E-Fuels zu investieren. Es ist kein Markt dafür vorhanden. Ein Automobilhersteller hat keinen Anreiz, weil er diese nicht bei seinen CO2-Flottengrenzwerten anrechnen kann. Und die Mineralölwirtschaft kann derzeit ihre Klimaziele, die in den erneuerbaren Energierichtlinien vorgeschrieben sind, durch die Produktion und den Verkauf von erneuerbarem Strom erfüllen. Dieser Strom an den Ladesäulen kann vierfach abgerechnet werden und ist somit viel lohnender, als in nachhaltige Treibstoffe zu investieren. Obendrein werden alternative Treibstoffe genau gleich besteuert wie fossile Treibstoffe, weil wir ein Energiesteuersystem haben, das nach Energie geht und nicht CO2-Emissionen. Das muss man ändern.

Diemer eFuel

Quelle: eFuel Alliance

Und wenn es sich ändert?
Dann dürfte man relativ schnell mehrere, grosse Anlagen sehen – möglichweise nicht in Europa. E-Fuels und erneuerbare Energien sind ein globales Thema und ausserhalb Europas gibt es viele Orte, an denen erneuerbare Energie wie Wind und Sonne in klar grösserem Ausmass vorhanden sind als bei uns. Wir müssen aber trotzdem Vorarbeiten leisten für den Markthochlauf von E-Fuels. Wir sind aktuell in einer ähnlichen Situation, wie damals vor gut 10 Jahren, als die CO2-Flottenregulierung für die Autoindustrie massiv verschärft wurde. 2009 haben auch alle gesagt, wie soll das denn gehen! Woher sollen die Batterien, die ganzen Elektroautos und auch die Rohstoffe dafür herkommen? Nach den Kosten wurde auch nicht gefragt, obwohl Elektrofahrzeuge damals noch massiv teurer waren als heute. Man hat einfach die Gesetze verschärft und hat eine Elektroquote festgelegt, die nun erfüllt ist.

Braucht es die teuren E-Fuels überhaupt für die Klimawende?
Die Situation ist auch vergleichbar mit Deutschland vor dem Erneuerbare-Energie-Gesetz. Damals hat auch keiner ein Windrad aufgestellt. Das war viel zu teuer und es gab keinen Anreiz, in Windkraft zu investieren. Diese erste Investitionsschwelle müssen wir bei E-Fuels nun ebenfalls überwinden. Klar ist: Wir brauchen Wasserstoff und E-Fuels in vielen Bereichen, wenn wir klimaneutral werden wollen. Das heisst, wir müssen diesen Hebel nun in Bewegung setzen, sonst werden wir die Klimaziele nicht erreichen.

E-Fuel MazdaAuch der japanische Autohersteller Mazda gehört zu eFuel Alliance. Quelle: Mazda

Dazu müsste die Politik aber der Wirtschaft keinen spezifischen Weg vorgeben, sondern Technologieoffenheit walten lassen…
Ja, idealerweise bekommen wir ein «level playing field», also ein identisches Spielfeld, auf dem die verschiedenen Technologien in Konkurrenz zueinanderstehen, denn erfahrungsgemäss haben wir dann die effektivsten Lösungen.

Reicht das schon?
Es natürlich auch klar, dass es viele Technologien ohne staatliche Förderung gar nicht geben würde. Nicht unbedingt bei der E-Fuels-Produktion, aber beispielsweise beim Wasserstoff ist es relativ unwahrscheinlich, dass die europäische Stahlindustrie die Preise für grünen Wasserstoff bezahlen kann, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben soll. Somit wird sie für ihren H2-Bedarf wahrscheinlich nicht ohne staatliche Unterstützung auskommen und davon profitiert natürlich auch die Wasserstoffwirtschaft als Ganzes. Was man sicherlich nicht machen sollte, ist eine dieser Technologien zu bevorzugen oder gar zu verbieten.

Sie stellen sich also nicht gegen E-Mobilität, sondern fordern schlicht Technologieoffenheit…
Es gibt nicht die einzige Technologie, mit der man alle Lösungen abdeckt! Es gibt unterschiedliche Anwendungsfälle, unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse, unterschiedliche soziale Verhältnisse und da kann ich nicht einfach sagen, wir machen nur noch Elektro. Das wird nicht funktionieren und damit werden im Übrigen auch die Klimaziele nicht erreicht. Technologieoffenheit ist wichtig, weil wir uns sonst in Europa damit konfrontiert sehen, dass bestimmte Technologien von anderen Regionen auf dieser Welt übernommen werden. So geben wir die Technologieführerschaft in fremde Hände und machen uns abhängig. Es gibt keine Garantie, dass alle anderen Länder ebenfalls ein Verbrenner-Aus beschliessen, nur weil es Europa macht. (jas, 14. Dezember 2021)

Lesen Sie auch den zweiten Teil des Exklusivinterviews mit eFuel-Alliance-Geschäftsführer Ralf Diemer «Einzigartige Chance für E-Fuels»

E-Fuel Diemer BentleySeite einem Jahr nutzt auch der britische Luxusautohersteller Bentley E-Fuel, um seine CO2-Emissionen reduzieren zu können. Quelle: Bentley

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