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E-Fuels und Biogas für Experten ein Muss

Zum Erreichen der Klimaziele müssen Individualverkehr und auch der ganze Transportsektor bis 2050 praktisch CO2-frei sein. Die Frage bleibt jedoch, wie dieses Ziel erreicht werden soll und vor allem mit welchen Technologien. Denn längst ist nicht klar, wie die saubere Energie ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden dazu genutzt und verteilt werden kann.

Luca Castiglioni vom Bundesamt für Energie. Quelle: CNG-Mobility.ch

Die Elektromobilität ist für das Erreichen der Klimaziele sicherlich eine der Schlüsseltechnologien, wobei sich die Experten fragen, wieviel Elektromobilität die Schweiz derzeit und in naher Zukunft erträgt. Dabei geht es für die Experten vor allem um die zentralen Aspekte: Ist erstens genügend saubere elektrische Energie vorhanden und wie kann zweitens die Energieverteilung regional und auf Gemeindeebene schrittweise adäquat und finanziell tragbar ausgebaut werden? Denn voraussichtlich wird der Umstieg auf die Elektromobilität in der Realität einiges länger dauern als von energiepolitischen Vordenkern vorausgesagt. Zudem wird man zumindest in der Luftfahrt und aller Voraussicht nach auch im Schwerverkehr nicht um synthetische Treibstoffe, sogenannte E-Fuels, oder auch den Einsatz von Biogas und Wasserstoff herumkommen.

Luca Castiglioni vom Bundesamt für Energie machte deutlich, dass gemäss der «Verkehrsperspektiven 2050» der Personenverkehr um 11 Prozent, der Güterverkehr gar um 31 Prozent zulegen werden. Ausserdem gehen die Experten des Bundes bis 2050 von einer enormen Zunahme der gefahrenen Kilometer bei den Lieferwagen von 58 Prozent aus. «Die Technologien, für eine Reduktion des CO2-Ausstosses sind vorhanden. Es gibt dabei verschiedene Möglichkeiten, die von verlagern, verbessern bis zu vermeiden reichen», so Castiglioni. «Wir müssen anfangen, das Elektroauto auch als einen der Player in den Energiemarkt zu integrieren. Denn diese Fahrzeuge können insgesamt zu einem wichtigen, virtuellen Kraftwerk werden.»

Quelle: CNG-Mobility.ch

Immer mehr Elektroautos auf den Strassen helfen zwar die CO2-Emissionen im Betrieb zu reduzieren, gleichzeitig bringen sie neue Herausforderungen bezüglich Stromverbrauch und Netzstabilität mit sich. Ab September 2022 werden dazu etwa 50 bidirektional ladende Serien-Elektroautos von Honda beim Pilotversuch «V2X Suisse» eingesetzt. Ihre elektrische Regelleistung wird helfen, das Stromnetz zu stabilisieren, Engpässe im Verteilnetz zu minimieren und teure Netzausbauten im Verteilnetz zu verhindern, zu verringern oder zu verzögern.

Daniel Klein von der FPT-Motorenforschung analysierte das Potenzial der unterschiedlichen Treibstoffe. Quelle: CNG-Mobility.ch

Daniel Klein von der FPT-Motorenforschung machte danach am Inspire-Event «Null-CO2-Mobilität und Energieversorgungssicherheit» klar, dass vor allem bei Schwerlast- und Langstreckeneinsatz auch künftig der Verbrennungsmotor das Mass der Dinge sein wird. Selbst wenn die Politik in Europa das Verbrenner-Aus vorantreibe. «Als globale Hersteller müssen wir uns auch global ausrichten, daher entwickeln wir auch CNG- und LNG-Lösungen weiter», erläuterte Klein. FTP Industrial entwickelt unter anderem für Fahrzeuge der Marken Iveco, Magirus, Case IH, News Holland oder auch Steyr Motoren- und Antriebslösungen und sieht dabei durchaus eine Zukunft für Verbrennungsmotoren. «Zudem werden die Bestandsfahrzeuge bei den ganzen Berechnungen immer etwas vernachlässigt, dabei könnte man dort mit dem Wechsel zu einem fossilfreien Treibstoff schon ganz viel bewirken», so der FPT-Entwicklungsingenieur. Als Herausforderungen bei den Biogasanwendungen sieht Daniel Klein die platzsparende Speicherung des CNG auf dem Fahrzeug selbst sowie die stöchiometrische Verbrennungseffizienz von Biogas. Auf der anderen Seite hält er fest: «Die tiefen Produktionskosten und das grosse Treibhausgas-Reduktionspotenzial sprechen eindeutig für weitere Biogas-Anwendungen.»

Konstantinos Boulouchos, emeritierter Professor an der ETH Zürich und Leiter von SCCER Mobility (Mitte) im Gespräch. Quelle: SCCER Mobility

Dass die Klimaziele nicht nur mit Elektromobilität zu erreichen sind, ist für den emeritierten ETH-Professor Konstantinos Boulouchos klar: «Wir müssen auch E-Fuels nutzen. Und es ist nicht etwa ein Wollen, sondern schlicht ein Müssen!» Er wies beim Event der Inspire AG, dem führenden Schweizer Kompetenzzentrum für den Technologietransfer von der ETH zur Industrie, darauf hin, dass man bei der Transportlogistik oft die Schifffahrt vergesse: «Im Langstreckenverkehr und kommerziellen Verkehr werden wir noch jahrelang auf das bestehende Transportsystem angewiesen sein.» Daher seien Projekte im Bereich der lokalen Biomassen-Nutzung oder auch synthetischen Treibstoff und E-Fuels so wichtig und zwar nicht nur im Bereich der Mobilität, sondern auch für den Wärmemarkt. Konstantinos Boulouchos erklärte: «Wir müssen uns lösen von der Fokussierung auf Strom. Wir müssen E-Fuels unbedingt auch als Industrie etablieren, denn wir brauchen für die Mobilität der Zukunft schlicht chemische und nachhaltige Energieträger!» (pd/jas, 7. Juli 2022)

 Die einzelnen Vorträge des Inspire-Events

«Netzintegration Elektromobilität und die Rolle des Transportsektors innerhalb der Energieperspektiven 2050+», Dr. Luca Castiglioni, Bundesamt für Energie

«Mehr als Erdöl – die Evolution der Treibstoffe», Fabian Bilger, Avenergy Suisse

«Mehr als Erdöl – die Evolution der Treibstoffe», Dr. Peter Wild, ETH Zürich

«Wo und mit welchen Treibstoffen hat der Verbrennungsmotor eine Zukunft?», Daniel Klein, FPT Motorenforschung AG

«Auswirkungen der E-Mobilität auf das Verteilnetz», Dr. Maurus Bachmann, Verein Smart Grid Schweiz

«Ausbau der Energieversorgung», Amadée Murisier, Alpiq

«Energieträger für die CO2-freie Mobilität – eine Einordnung», Prof. em. Dr. Konstantinos Boulouchos, ETH Zürich

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