Portal für klimafreundlichere Mobilität

Agrola/Marion Nitsch/Lunax
 
 

Darum ist H2-Tanken Vertrauenssache

Tankstellen werden in der Schweiz regelmässig geeicht. So wird durch eine Überprüfung der technischen Anlagen für die Sicherheit der Tankenden gesorgt und auch für die korrekte Tankmenge. Das gilt aber erstaunlicherweise nicht für alle Treibstoffe. Die Details.

Ein neuer Energie-Hub für Luzern und gleichzeitig die 13. Wasserstofftankstelle in der Schweiz, bei der Agrola in Schötz LU. Quelle: Agrola/Marion Nitsch/Lunax

In Schötz LU hat Ende Januar eine der leistungsstärksten Wasserstoff-Tankstellen Europas ihren Betrieb aufgenommen. Drei LKW und ein Auto mit Wasserstoff-Antrieb lassen sich dort zeitgleich mit grünem Wasserstoff betanken. Die parallele Betankung wird durch die Installation von zusätzlichen Mitteldruckspeichern ermöglicht, welche mittels Verdichtern fortlaufend aus den mobilen Containern mit Wasserstoff befüllt werden. «Im direkten Umfeld unseres Standortes sind zahlreiche Logistikunternehmen ansässig. In enger Zusammenarbeit mit diesen ist ein zukunftsweisender Energie-Hub entstanden», freut sich Mark Muff, Leiter Energie und Mitglied der Geschäftsleitung der Landi Luzern-West. Es handelt sich dabei um die schweizweit dreizehnte Wasserstoff-Tankstelle.

Ausserdem gibt es in der Schweiz rund 150 CNG-Tankstellen, an denen Autos und Lastwagen mit CNG-Antrieb auch Biogas tanken und damit nahezu CO2-neutral unterwegs sein können. Im Vergleich zum nahen Ausland noch nicht sehr dicht ist hierzulande dagegen das LNG-Tankstellennetz. An drei halbprivaten und einer öffentlichen Tankstelle können LKW mit LNG-Antrieb in der Schweiz trotzdem schon das auf minus 160 Grad heruntergekühlte und somit verflüssigte Gas tanken.

Alle zwei Jahre müssen CNG-Zapfsäulen in der Schweiz geeicht werden. Hier zwei Experten von der Apex bei einer Eichung. Quelle: CNG-Mobility.ch

Doch wer kümmert sich eigentlich um die Eichung der unterschiedlichsten Tankstellen, damit zum einen die Sicherheit und zum anderen auch die Genauigkeit der Tankmenge gewährleistet ist? «In der Schweiz regelt das Bundesrecht, welche Messmittel geeicht werden müssen. Die Vorschriften stehen im Messgesetz, der Messmittelverordnung und mehreren Verordnungen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements», erläutert Brigitte Hager, Mediensprecherin des Eidgenössisches Institut für Metrologie (Metas), dazu.

Gemäss diesen Vorschriften waren im Jahr 2021 schweizweit 41’955 Zapfsäulen für Benzin und Diesel sowie 306 Erdgas- und Flüssiggastanksäulen eichpflichtig. Abhängig von der Art der eingesetzten Messanlage erfolgt die Eichung dabei jährlich oder alle zwei Jahre. Und zuständig für diese Eichung sind die kantonalen Eichämter. Brigitte Hager ergänzt: «Soweit bei sogenannten LNG-Tanksäulen die Fahrzeuge nicht mit flüssigem, sondern mit komprimiertem Gas betankt werden, gelten sie für die Eichung als CNG-Tanksäulen und sind eichpflichtig. Soweit die Betankung mit flüssigem Gas erfolgt, sind in den nächsten Monaten noch technische und rechtliche Fragen näher zu prüfen, bevor die messrechtliche Situation klar ist.»

Krummen Kerzers AGEin LKW mit LNG-Antrieb beim Tanken an einer der drei halbprivaten LNG-Tankstellen, die vom Logistikunternehmen Krummen Kerzers aufgebaut wurden. Quelle: Krummen Kerzers 

Bei drei halbprivaten und seit kurzem einer öffentlichen LNG-Tankstelle auch nicht die vordringlichste Massnahme – das ist klar. Was dagegen erstaunt, ist der Hinweis, wie aktuell mit den H2-Tankstellen verfahren wird. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die erste öffentliche H2-Tankstelle nicht erst jüngst, sondern bereits seit dem 4. November 2016 in Betrieb ist. Damals eröffnete Coop in Hunzenschwil AG eine Wasserstofftankstelle, an der sowohl LKW als auch Autos mit Brennstoffzellenantrieb mit 700 oder 350 bar betankt werden konnten. Denn bezüglich H2-Tankstellen verrät Metas-Mediensprecherin Hager: «Tanksäulen für Wasserstoff unterstehen heute nicht den messrechtlichen Vorschriften. Je nachdem, wie sich die Technologie und die Anzahl solcher Tanksäulen entwickeln, werden in Zukunft die Vorschriften so angepasst, dass auch Wasserstofftanksäulen dem Messrecht unterstellt werden.»

Eichung - ApexErlaubt sind bei einer CNG-Tankstelle eine Abweichungen von zwei Prozent. Liegt der Messwert drunter, funktioniert der Durchflussmesser einwandfrei und die Zapfsäule kriegt das runde, rote Eichsiegel, das auch Auskunft darüber gibt, wann die nächste Eichung ansteht. Quelle: CNG-Mobility.ch

Das Metas hat dazu selbst eine Anlage entwickelt, um Tanksäulen für Wasserstoff zu prüfen oder zu kalibrieren. «Diese Anlage könnte als Grundlage für die Eichung von Wasserstoff-Tanksäulen dienen, sofern in Zukunft eine Eichung vorgeschrieben wird», ergänzt Hager. Offen bleibt, wieso hier Politik und Kantone nicht schon früher aktiv wurden. Schliesslich ist die erste Schweizer H2-Tankstelle bereits seit über sechs Jahren in Betrieb, da wäre eine Eichung kein Nachteil. Denn die drei halbprivaten LNG-Tankstellen, die weniger lang im Einsatz stehen, wurden beispielsweise diesen März durch die zuständigen kantonalen Eichämter geeicht. «Dabei handelt es sich um Transportzisternen – Auflieger – mit eingebautem, zugelassenem und konformitätsbewertetem Messsystem, welche aber stationär betrieben werden», erläutert Uwe Kurle, Eidg. Dipl. Eichmeister und Präsident des Verbands Schweizerischer Eichmeister. «Wichtig: Das Prinzip ist hier bereits bekannt von Transportzisternen für kalt-verflüssigte Gase, wie zum Beispiel Stickstoff, Sauerstoff oder auch Edelgase.»

Die Wasserstoff-Tankstelle von Coop in Hunzenschwil AG ist seit dem 4. November 2016 in Betrieb. Quelle: Hyundai

Als Referenz-Messsystem für die Eichungen würde bei den LNG-Tankstellen ein mobiles Kalibriersystem eines spezialisierten Prüf-Dienstleisters herangezogen. Speziell zu beachten sei bei den LNG-Tankstellen der Sicherheitsaspekt und der Personenschutz, «zum einen handelt es sich um tief-kalte Flüssigkeiten mit Temperaturen unter minus 150 Grad Celsius, zum andern ist speziell bei LNG auch der Explosionsschutz äusserst wichtig. Entsprechend muss die Messanlage bei der Eichung gut abgesichert werden», so Kurle abschliessend. Ein Aspekt, der sicherlich auch für den nicht weniger explosiven Wasserstoff eine wichtige Rolle spielen wird, wenn diese Tankstellen dereinst dann doch auch geeicht werden. Bis dahin muss man darauf vertrauen, dass Wasserstoff-Tankstellen auch ohne Eichung technisch und mengenmässig korrekt arbeiten. (jas, 13. April 2023)

Das könnte Sie auch interessieren

Klimafreundlichere Mobilität:
Dank unserem LinkedIn-Profil bleiben Sie am Ball!