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Schweiz braucht Biogas und erneuerbare Gase

Mehrere Organisationen wie AEE Suisse, Biomasse Suisse, Energie 360°, Energie Zukunft Schweiz, Ökostrom Schweiz, Swisscleantech, Swisspower und der Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) erläutern in einem Positionspapier, wieso die Schweiz dringend mehr Biogas und andere erneuerbare Gase benötigt – und stellen konkrete Forderungen an die Politik.

Bereits seit 2011 wird Chavornay VD aus organischen Reststoffen Biogas für die Schweiz hergestellt. Quelle: HZI

Die Schweiz hatte letztes Jahr gemäss Zahlen des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) einen Gasjahresverbrauch von 33 TWh. Rund 2,5 TWh, also erst rund 7,7 Prozent davon, waren Biogas. Davon stammte wiederum ein Grossteil – konkret 2,1 TWh – aus dem europäischen Ausland und wurde importiert. Selbst wenn wegen der zunehmenden Elektrifizierung im Wärmesektor oder auch in der Mobilität der Strombedarf zu- und der Gasverbrauch abnehmen dürfte, gilt es, den Gasbedarf bis 2050 auf erneuerbare Quellen umzustellen.

Auch in Bülach ZH verarbeitet die Axpo organische Abfälle. Mit ihren Vergärungsanlagen, Kompostierplätzen und den mobilen Diensten (Berom SA) verwertet die Axpo die Bioabfälle von mehr als 3000 Kunden (Städten, Gemeinden, Industrie und Gewerbe) und gewinnt daraus erneuerbare Energie und nährstoffreichen Naturdünger. Quelle: CNG-Mobility.ch

Gemäss der Energieperspektiven 2050+ des Bundes aus dem Jahr 2022 muss man dazu im Basisszenario Zero über 18 TWh an Gas dekarbonisieren. Dies ist durchaus machbar, aber dazu muss zum einen der Import von Biogas geregelt und zum anderen müssen auch mehr Biogas und erneuerbare Gase hierzulande produziert werden. Das Potential dazu ist vorhanden. Konservative Schätzungen aus den Jahren 2017 und 2018 gehen von einer möglichen Inlandsproduktion von 4 bis 6 TWh aus. Davon werden heute erst knapp zehn Prozent genutzt, weshalb eine gezielte Förderung der Biogasproduktion in der Schweiz nicht nur Sinn macht, sondern auch dringend angegangen werden sollte.

Neue Studien, die weniger auf lineare Stoffflüsse setzen, sondern einen zirkulären Ansatz verfolgen und dabei aufzeigen, wie Biomasse in landwirtschaftlichen Vergärungsanlagen in Bezug auf Masse, Nährstoffe und Energieströme mehr zum Klimaschutz, zum Ersatz von Mineraldünger sowie zum Ersatz von fossilen Brennstoffen beitragen können, liefern vielleicht schon bald genauere und realitätsnähere Potentialangaben für die Schweizer Biogasproduktion.

Eine Möglichkeit Biogas zu nutzen, ist neben Wärme und Strom der Mobilitätsbereich – in Thayngen SH steht die erste Biogas-Tankstelle der Schweiz, bei der «Biogas direkt vom Hof» getankt werden kann. Quelle: CNG-Mobility.ch

Klar ist: Die forcierte Ausschöpfung des vorhandenen Potentials im Inland ist enorm wichtig und bringt die Schweiz dem Ziel von Netto-Null mit jedem kWh beziehungsweise Kilo Biogas und anderer erneuerbarer Gase nähe. Übrig bleibt aktuell gemäss des Positionspapiers des VSG im Jahr 2050 noch ein Gasbedarf von kalkulatorisch 12 bis 14 TWh, der durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden muss. Hierfür ist die Schweiz auf einen funktionierenden Import von Biogas und generell erneuerbaren Gasen angewiesen.

Schweizweit könnten noch tonnenweise biogene Reststoffe zu Biogas verwertet werden, da das inländische Potential noch nicht ausgeschöpft ist. Quelle: CNG-Mobility.ch

Nur wird heute importiertes Biogas in der Schweiz nicht vollumfänglich als erneuerbare Energie anerkannt. Grund dafür sind einerseits die aktuellen zollrechtlichen Bestimmungen, wonach Erdgas und Biogas bei der Einfuhr stofflich unterscheidbar sein müssen – was technisch nicht möglich ist. Andererseits kann aufgrund fehlender bilateraler Abkommen zwecks Übertragung der CO2-Reduktionen das importierte Biogas nicht im Schweizer Treibhausgasinventar angerechnet werden und trägt somit nicht zur Klimazielerreichung der Schweiz bei.

Um mehr Biogas ins Netz einspeisen zu können, sind aber auch Investitionen in neue Biogasanlagen nötig. Quelle: Adobe Stock

Als Folge davon fällt übrigens auch die Schweizer CO2-Abgabe darauf an, was die Biogas-Preise in der Schweiz gegenüber den Nachbarländern merklich in die Höhe treibt. Etwas, was Nutzerinnen und Nutzer von CNG-Fahrzeugen, die beim Tanken von Personenwagen oder auch LKW den Preisvergleich an der Zapfsäule machen, jedoch nur schwer nachvollziehen können. Um die Dekarbonisierung neben der Mobilität vor allem auch in Einsatzbereichen, in denen es beschränkte erneuerbare Alternativen gibt (wie beispielsweise in der Industrie und zur Spitzenlastdeckung), voranzutreiben, ist die Verfügbarkeit ausreichender Mengen an Biogas und erneuerbaren Gasen künftig jedoch zentral.

Nur ein Bruchteil des hierzulande produzierten Biogas wird für die Mobilität eingesetzt. Schon lange nahezu CO2-neutral unterwegs dank Biogas im Tank sind  beispielsweise die Video-Spezialisten von Halsundbeinbruch Film. Quelle: Halsundbeinbruch Film

In ihrem Positionspapier fordern AEE Suisse, Biomasse Suisse, Energie 360°, Energie Zukunft Schweiz, Ökostrom Schweiz, Swisscleantech, Swisspower und der VSG, daher, dass durch tragfähige Anreizsysteme und zielführende Rahmenbedingungen die Zahl der Biogasanlagen und die Menge der energetisch nutzbaren Substrate (zum Beispiel Hofdünger) in der Schweiz konsequent gesteigert werden. Das verfügbare Biogas soll zudem – wo dies sinnvoll ist – ins Gasnetz eingespeist werden, dementsprechend müssen auch die Schweizer Fördermodelle ergänzt werden. Und die Anerkennung von importiertem Biogas beziehungsweise erneuerbaren Gasen muss in der Schweiz endlich möglich werden. (pd/jas, 13. Juli 2023)

Die konkreten, breit abgestützte Forderungen für bessere Rahmenbedingungen finden Sie hier.

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