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Rückschlag für den Klimaschutz

Geht es nach dem Willen des Europäischen Parlaments, sollen konventionelle Autos und leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen mit Verbrennungsmotoren ab 2035 in Europa verboten werden – ein herber Schlag gegen die Technologieoffenheit und gegen nachhaltige Treibstoffe wie E-Fuels und Biogas. Wichtig: Der Schwerverkehr und somit Lastwagen mit CNG- und LNG-Antrieb sind vom Verbot nicht betroffen.

Ab 2035 sollen keine Neuwagen – wie dieser Seat Leon mit CNG-Antrieb, der dank Biogas im Tank nahezu CO2-neutral unterwegs ist – und leichte Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr in Europa verkauft werden dürfen. Quelle: CNG-Mobility.ch

Rund 320 Millionen Autos in Europa und weltweit sogar 1,4 Milliarden Autos könnten mit synthetischen Treibstoffen und Biogas alle problemlos klimafreundlich unterwegs sein. Das interessierte scheinbar die EU-Parlamentarier weniger. Denn geht es nach ihrem Willen, sollen konventionelle Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035 in Europa verboten werden. Bei der Abstimmung über strengere CO2-Emissionsnormen für neue Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge stimmte eine Mehrheit der Abgeordneten für eine reine Elektrifizierungsstrategie im Strassenverkehr. Nur 607 von 705 Abgeordneten waren für den Entscheid mit enormer Tragweite für den Klimaschutz, aber auch die Wirtschaft, anwesend und stimmten ab! 280 wollten auch nach 2035 auf Technologieoffenheit setzen und auch erneuerbare Treibstoffe für Verbrennungsmotoren zulassen, 316 entschieden sich jedoch für die Elektro-Einbahnstrasse – die hoffentlich nicht zur Sackgasse werden wird.

Damit schliesst die Politik faktisch für Europa die Tür für die Nutzung von synthetische hergestelltem E-Fuels und verabschiedet sich ab 2035 vom Verbrennungsmotor in neuen Personenwagen und leichten Nutzfahrzeugen. «Emissionen reduzieren nicht klimafreundliche Optionen verbieten, das sollte das Leitprinzip der europäischen Klimapolitik sein», erklärte Monika Griefahn, Sprecherin der eFuel Alliance. «Leider haben sich viele Abgeordnete des Europäischen Parlaments für genau das Gegenteil entschieden und die Schlüsselrolle, die nachhaltige erneuerbare Treibstoffe bei der Reduzierung von Verkehrsemissionen spielen können, schlichtweg ignoriert.»

Thomas Hurter, Nationalrat und Zentralpräsident des Autogewerbeverbands der Schweiz, hält den gefällten EU-Entscheid für falsch. Quelle: AGVS-Medien  

Die derzeitige EU-Verordnung über CO2-Normen, die sich ausschliesslich auf die Auspuffemissionen konzentriert, wird keinen rechtzeitigen Übergang zur klimaneutralen Mobilität gewährleisten, sind sich Experten, Wissenschafter, Verbände, Mineralölproduzenten und Autozulieferer einig. Denn Emissionen, die in früheren oder späteren Phasen des Lebenszyklus eines Fahrzeugs entstehen, etwa bei der Herstellung des Fahrzeugs oder bei der Erzeugung und Bereitstellung des Betriebsstroms, werden so nicht berücksichtigt.

«Das ist der falsche Weg – auch für die Schweiz», hält beispielsweise Thomas Hurter, Nationalrat und Zentralpräsident des Autogewerbeverbands der Schweiz fest, denn ein Technologieverbot sei nie zielführend und verhindere ausserdem immer auch Innovationen. Hurter ist sich sicher: «Synthetische Treibstoffe werden in der Mobilität der Zukunft ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.» Denn die ganze Tank- und Verteilinfrastruktur für den Einsatz dieser nachhaltigen, synthetischen Treibstoffe sei bereits vorhanden und dank ihnen könnte auch die Bestandflotte klimaneutral gestellt werden. Bei Elektro- und Wasserstoffmobilität müsste dagegen die Infrastruktur noch aufgebaut werden.

Quelle: Tobias Block

«Das Verbot des Verbrennungsmotors ab 2035 wird als grosser Fehler in der EU-Strategie für eine emissionsfreie Gesellschaft in die Geschichte eingehen», erklärt Arnd Franz, Executive Vice President und CEO von LKQ Europe. «Das ist keine Lösung für 320 Millionen bestehende Fahrzeuge auf europäischen Strassen, die jetzt die Emissionen reduzieren könnten! Alles auf der Basis falscher Endrohrberechnungen. Mit einer Verringerung der Wahlmöglichkeiten für den Verbraucher bei den Antriebsarten», sagt der Chef von Europas grösstem Anbieter im automobilen Aftersales-Geschäft. «Mit diesem Ansatz werden wir wahrscheinlich scheitern», so Franz.

Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeugantriebsysteme bei der Empa, präzisiert: «Es handelt sich nicht um ein Verbrenner-Verbot, sondern es ist geplant, den CO2-Zielwert auf 0 g/km zu setzen. Wasserstoff-Verbrenner sind dann beispielsweise immer noch möglich. Aus CO2-Sicht wäre es aber wichtiger, fossile Energieträger zu verbieten, die Antriebsart aber offenzulassen. Denn mit erneuerbarer Energie betriebene Verbrenner sind gleich sauber wie mit erneuerbarem Strom betriebene Elektroautos.» Denn aus Sicht von Bach machen Elektroautos punkto CO2-Emissionen nur im Betrieb mit erneuerbarer Energie Sinn. Woher diese erneuerbare Elektrizität kommen soll, sei aber offen. «Die Stromnetze in vielen EU-Ländern sind nicht für eine derart schnelle Elektrifizierung ausgelegt.»

Christian Bach erläutert, die Funktionsweise des Mobility Demonstrators «move». Quelle: Empa

Bevor dieser Entscheid zum Verbrenner-Aus bei Neuwagen ab 2035 endgültig in Kraft treten kann, muss das EU-Parlament nun aber noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln. Noch ist auch unklar, ob die Schweiz das Verbot ebenfalls übernimmt. Und wichtig zudem: Der Schwerverkehr, in dem Lastwagen mit CNG- und LNG-Antrieb gegenüber vergleichbaren Diesel-Trucks bis zu 35 Prozent weniger CO2 ausstossen – bei Schweizer Biogas im Tank sogar bis zu 85 Prozent weniger CO2 – sind von diesem Verbrenner-Verbot nicht betroffen. Nachhaltiger Transport von Gütern und Waren bleibt dank regional hergestelltem Biogas hier also weiterhin möglich! (pd/jas, 9. Juni 2022)

Die aktuell europaweit sehr beliebten LKW mit CNG- und LNG-Antrieb sind vom Verbrenner-Verbot ab 2035 nicht betroffen. Quelle: CNG-Mobility.ch

 

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