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Pascal Lenzin von Energie Wasser Bern über die Auslastung von CNG-Tankstellen, den Tankstellenbau und die Bedeutung von CNG und Biogas für die Mobilität.

Die CNG-Mobilität kann bezüglich Klimaschutz und Luftreinhaltung einen sehr wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung der Mobilität leisten und ist die optimale Ergänzung zur Elektromobilität. CNG und vor allem Biogas als Treibstoff können zu einem entscheidenden Bestandteil der Energiewende im Verkehrssektor werden. Dies macht ein CNG-Fahrzeug für die Energiewende genauso attraktiv wie ein Elektrofahrzeug. Doch wie steht es um das CNG-Tankstellennetz in der Schweiz? Wir sprachen mit Pascal Lenzin von Energie Wasser Bern (ewb), der auch nationaler Koordinator für Erdgas- und Biogas-Mobilität ist.

Die ewb betreibt aktuell bereits rund 15 CNG-Tankstellen im Raum Bern, was sind dabei die grössten Herausforderungen?
Pascal Lenzin: Aktuell betreiben wir elf öffentliche Tankstellen sowie drei Betriebstankstellen. Die grösste Herausforderung zum jetzigen Zeitpunkt: Die richtigen Ersatzteile zum richtigen Zeitpunkt zu beschaffen, ohne ein eigenes Ersatzteillager zu führen. Denn bei einem Defekt muss es schnell gehen, damit wir stets ein einwandfreies Funktionieren der Tankstelleninfrastruktur gewährleisten können.

Wie zufrieden sind Sie bei ewb mit der Auslastung Ihrer CNG-Tankstellen?
Die Auslastung unserer Tankstellen ist sehr unterschiedlich. Wir betreiben Tankstellen, die sehr gut laufen, und solche, die weniger gut laufen. Wir suchen stets nach Optimierungsmöglichkeiten und versuchen so, die Auslastungen der einzelnen Tankstellen anzugleichen.

Was sind für Sie die wichtigsten Faktoren für ein florierendes CNG-Tankstellennetz?
Zum einen sicherlich eine gute Standortwahl der Tankstellen. Dann muss der Aufwand gegenüber dem Erlös überschaubar bleiben. Wichtig ist zudem, zu bedenken, dass CNG-Tankstellen auch einen Beitrag zur Netzauslastung leisten. In dünn besiedelten Regionen können Tankstellen nur schwer rentabel geführt werden.

Was ist bei einem Tankstellenbau grundsätzlich zu berücksichtigen?

Das bestehende Gasnetz, die Verkehrsfrequenz am gewünschten Standort und natürlich die Potenzialabschätzung sowie eine angemessene Nähe zur Autobahn. Es gibt jedoch kein Erfolgsrezept, das für die Evaluation geeigneter Standorte angewendet werden kann. Jeder Standort muss individuell beurteilt werden.

Wie gehen Sie bei Ihrer Standortwahl vor und was macht einen guten Standort aus?

Die Standorte in Bern sind jeweils an gut frequentierten Verkehrsknotenpunkten platziert. Wichtig ist zudem, dass die Industriezone nicht allzu weit von solchen Standorten entfernt ist. Viele CNG-Fahrzeuge werden von Unternehmen und öffentlichen Diensten eingesetzt, die oft in Industriezonen ansässig sind. In Bern haben wir uns ausserdem für einen sternförmigen Aufbau der Standorte entschieden.

Bauen Sie für einen guten CNG-Standort allenfalls auch eine Anschlussleitung ans Gasnetz?

Momentan wird unser Tankstellennetz nicht aktiv ausgebaut, sondern die Auslastung der einzelnen Tankanlagen optimiert. Wir führen aber einige Gespräche mit grösseren Unternehmen betreffend einer Betriebstankstelle. Im Vordergrund steht auch da die Ökologisierung des Treibstoffs und somit die Nutzung von schweizerischem Biogas. Der Bau von Privat- oder Betriebstankstellen kommt dort in Frage, wo ein Gasnetz bereits vorhanden ist.

Das heisst?

Die Infrastruktur ist nicht der einzige Treiber fürs Wachstum der CNG-Mobilität, sondern auch der Treibstoff sowie seine Herstellung. Der genutzte Treibstoff entscheidet über eine mehr oder weniger ökologische Mobilität. Daher gewinnt das Thema Biogas an Bedeutung – auch bei den Endkunden. Wir wollen das Thema Biogas unbedingt schweizweit weiter vorantreiben. An den meisten Tankstellen kann der Fahrer schon heute 100 Prozent Schweizer Biogas tanken und so nahezu CO2-neutral unterwegs sein. Zudem ist uns eine Kooperation mit potenziellen Kunden wichtig. Die Nutzung von Transportern im Gewerbesektor könnte für die ganze Branche prägend sein. Da sieht ewb riesigen Nachholbedarf und will mit potenziellen Nutzern, aber auch den Fahrzeugherstellern und Kommunen kooperieren.

 

Wie sieht das Verhältnis von CNG zu Biogas bei ewb aus? Liegen Sie über dem Schweizer Durchschnitt von 22,4 Prozent Biogas?
Ja! CNG ist also schon heute nicht nur fossil. National wird die vereinbarte Biogasmenge von 10 Prozent angerechnet, ab nächstem Jahr werden es 20 Prozent sein. Energie Wasser Bern tätigt aber eine freiwillige Erhöhung des Biogasanteils aus Überzeugung. Eine Anerkennung der effektiven Biogasmengen wäre jedoch sinnvoll, davon würden alle profitieren: Umweltschutz aus der Region, für die Region mit schweizerischem Biogas! Biogas ist ja nicht nur eine heimische Energie, sondern auch erneuerbar und nahezu CO2-neutral. Man kann deshalb sofort und sehr einfach etwas für die Umwelt tun, indem man Biogas tankt.

Was tun Sie bzw. investiert ewb allenfalls gar in den Biogas-Bereich?
Es werden aktuell die verschiedensten Projekte überprüft.

Wollen Sie Ihr CNG-Tankstellennetz weiter ausbauen?
Wir sind der Überzeugung, dass neben der Elektro- auch die CNG-Mobilität zunehmen wird. Denn einen einzigen Antrieb wird es auch in Zukunft nicht geben – auch Benzin- und Diesel-Fahrzeuge werden weiter existieren. Wir setzen mit Elektro- und CNG-Mobilität auf die beiden vielversprechendsten alternativen Antriebe für eine CO2-freie Mobilität der Zukunft. Beide Mobilitätskonzepte ergänzen sich hervorragend. Der Grundgedanke: Die Elektromobilität ist im Stadtverkehr die gute Wahl, für Mittel- und Langstrecken ist dagegen CNG-Mobilität die beste Wahl. Wichtig dabei: Es gilt beide Antriebsarten zu fördern und nicht nur die eine oder die andere. Wir behalten die Marktsituation daher genau im Auge, um gegebenenfalls unsere CNG-Infrastruktur auszubauen.

Wo sehen Sie noch Potenzial bei CNG?

Das Potenzial von CNG und Biogas ist gross, obwohl die Absatzzahlen aktuell noch überschaubar sind. Wir bemerken aktuell ein wachsendes Interesse für die CNG-Mobilität seitens der Hersteller genauso wie von Kundenseite. Die CNG-Mobilität ist mit einer wachsenden Blume vergleichbar, die sich zuerst entfalten muss, damit man ihre volle Pracht erkennt. Einige grössere Unternehmen haben dies bereits verstanden und stellen daher auf CNG-Mobilität um. Der CO2-Kreislauf von Biogas ist ja schon heute komplett geschlossen und diese Stärke gilt es nun auch der breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. (jas, 19. August 2019)

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