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Muhkle -Hydrothermale Vergasung
GTR Gaz
 
 

Vielversprechende Technologie

Bei der hydrothermalen Vergasung werden feuchte beziehungsweise flüssige Abfall- und Reststoffe aus Biomasse bei einem Druck zwischen 250 und 350 bar und Temperaturen zwischen 400 und 700°C in erneuerbares Gas umgewandelt. Das Verfahren erzeugt ein methanreiches Gas und ermöglicht zudem die Trennung und Rückgewinnung von Mineralsalzen, Stickstoff und Wasser.

Muhkle -Hydrothermale Vergasung
Durch das neue Verfahren der hydrothermalen Vergasung können feuchte und flüssige Biomasse zu methanreichem Gas verarbeitet werden. Quelle: Screenshot GTR Gaz

Die hydrothermale Vergasung könnte bald andere innovative Verfahren zur Erzeugung von erneuerbarem Gas ergänzen. Am Karlsruher Institut für Technologie entstand dazu bereits 2004 eine erste Pilotanlage (Verena) und auch das renommierte Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Villigen AG arbeitet seit 2012 mit einem eigenen Prototypen in diesem Bereich. Die weltweit erste Einspeisung von erneuerbarem Gas aus der hydrothermalen Vergasung ins Gasnetz (mit 70 bar) gelang im Dezember 2019 dem niederländischen Start-up SCW Systems.

Aktuell ist das PSI zusammen mit dem Lausanner Start-up Trea-Tech dabei, eine vorindustrielle Pilotanlage aufzubauen, die bis zu rund 110 kg Biomasse pro Stunde verarbeiten kann. Damit werden die Schweizer ab Anfang 2021 einen wichtigen Schritt weiter in Richtung Industrialisierung des Verfahrens leisten. Anders als die direkten Konkurrenten ist diese Schweizer Anlage zusätzlich mit einem Katalysator ausgestattet, dessen spezifische Aufgabe es ist, im Hochdruckvergaser ein besonders methanreiches Gas (ca. 60 Prozent CH4) zu erzeugen.

Grundsätzlich geht es bei dieser sehr innovativen Technologie darum, dass feuchte oder flüssige Biomasse unter Druck und Erhitzung in erneuerbares Gas umgewandelt wird. Als Reststoffe fallen Wasser, Mineralsalze (insbesondere Phosphor und Kalium) und Stickstoff an. Letztere können wieder zu Dünger verarbeitet werden. Der Wasseranteil in der verarbeiteten Biomasse, bei der es sich beispielsweise um Klärschlamm, Gärmasse aus Fermentationsanlagen, Gülle, Mist oder organische Industrieabfälle handeln kann, dient bei der hydrothermalen Vergasung sowohl als Lösungs- als auch als Reaktionsmedium für die Erzeugung des Gases. Und je nach Reaktionsbedingungen und Technologieart können so mehr oder weniger Methan (CH4) und Wasserstoff (H2) als Hauptprodukte, und ohne Katalysator, zusätzlich noch höherwertige Kohlenwasserstoffe wie Ethan und Propan erzeugt werden.

Muhlke - hydrothermale Vergasung
Experte Robert Muhlke sieht grosses Potenzial in der hydrothermalen Vergasung. Quelle: Screenshot GTR Gaz

Allein in Frankreich fallen pro Jahr rund 340 Millionen Tonnen feuchte, organische Biomasse als Rest- und Abfallstoffe an, die kaum oder schlecht verwertet werden. Davon könnten mindestens 100 Millionen Tonnen für die hydrothermale Vergasung herangezogen werden. Dies birgt gemäss Experten ein enormes Potenzial für die erneuerbare Gas- und Düngerproduktion. Robert Muhlke, Projektdirektor «Hydrothermal Gasification» beim französischen Fernleitungsnetzbetreiber GRT Gaz erklärt: «Von 2023 bis 2025 sind erste Pilot- und Demonstrationsprojekte in Frankreich geplant, ab 2025 sind bereits die ersten industriellen Projekte möglich.» Muhlke rechnet weiter: «Im Jahr 2030 könnten mit der hydrothermalen Vergasung rund zwei bis drei TWh ins französische Gasnetz eingespeist werden, im Jahr 2050 sogar rund 100 TWh/ Jahr, also gut ein Drittel  des erwarteten französischen Gasbedarfes.»

Möglich wird dies dank der Kreislaufwirtschaft mit positiven Effekten für die regionale Energieproduktion. Denn die hydrothermale Vergasung sorgt nicht nur für eine deutliche Verringerung der lokalen Abfallmenge, sondern besticht auch durch eine rasche Umwandlung der Biomasse in ein energiereiches Gas und eine relativ hohe Energieeffizienz von mindestens 70 Prozent. «In den modularen und kompakten Anlagen können so aus Abfällen aus der Region erneuerbares Gas für die Region produziert werden. Nach erfolgter Gasreinigung wird sowohl Biomethan ins regionale Hochdruck-Erdgasnetz eingespeist, als auch zusätzlich grüner Wasserstoff produziert der in Brennstoffzellen genutzt werden kann», erläutert Robert Muhlke und ergänzt, «gleichzeitig wird die Abfallmenge sehr stark verringert, Wasser sowie Mineralsalze und Stickstoff zurückgewonnen, aus denen Dünger produziert werden kann.» (jas, 3. September 2020)

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