Portal für klimafreundlichere Mobilität

Guggisberg
Parlament.ch
 
 

«Es wäre vernünftig, mehr auf Biogas zu setzen»

SVP-Nationalrat Lars Guggisberg erklärt, warum es bei der LSVA gleich lange Spiesse für alle Technologien braucht. Und weshalb es Sinn macht auf Biogas zu setzen und wieso er im Umweltbereich Anschubfinanzierungen und lösungsorientierte Massnahmen für sinnvoller hält als zusätzliche Verbote, Einschränkungen und steuerliche Belastungen.

GuggisbergDer Berner Nationalrat und Direktor des Gewerbeverbands Berner KMU, Lars Guggisberg, ist auch ein Familienmensch. Quelle: Guggisberg 

Lars Guggisberg sass von 2010 bis 2019 im Grossrat des Kanton Bern. Seit 2019 politisiert der 43-jährige Familienvater und Rechtsanwalt aus Kirchlindach BE nun für die SVP im Nationalrat. Er war zudem von 2014 bis 2021 Sektions-Geschäftsführer im Handels- und Industrieverein des Kantons Bern. Er ist Vorstandsmitglied der Astag Sektion Bern und der TCS Sektion Bern. Seit Juni ist der sportbegeisterte SVP-Politiker neuer Direktor des Gewerbeverbands Berner KMU, mit rund 20’000 Mitgliedern, 39 Berufsverbänden und 119 lokalen Gewerbevereinen der grösste Wirtschaftsverband im Kanton Bern mit Sitz in Burgdorf.

Herr Guggisberg, alle sprechen von E-Mobilität oder Wasserstofffahrzeugen, wieso nur so wenige von Biogas oder BioLNG als zukunftsträchtiger Energieträger bei der Klimawende im Mobilitätssektor?
Lars Guggisberg:
Alternative Antriebsformen sind ein sehr komplexes Thema – und teilweise ein Hype. Wichtig zu wissen ist, dass es eigentlich nicht auf die Antriebsart, sondern nur auf die Energieform ankommt. Je weniger fossile Energie verwendet wird, desto umwelt- und klimafreundlicher ist Mobilität. Von daher wäre es vernünftig, vermehrt auf Biogas zu setzen.

Guggisberg

Als Vorstand der Astag Sektion Bern haben Sie sicherlich den Boom bei LKW mit CNG- oder LNG-Antrieb in unseren Nachbarländern mitgekriegt. Was erwarten Sie in diesem Zusammenhang von der LSVA-Reduktion für Nutzfahrzeuge mit fossilfreiem Antrieb in der Schweiz?
Fossilfrei angetriebene Fahrzeuge werden durch die in Aussicht gestellte steuerliche Erleichterung bezüglich LSVA in der Schweiz gefördert. Somit werden alternative Antriebe in Zukunft an Marktanteilen gewinnen. Jedoch steht eine LSVA-Weiterentwicklung an: Der Bund arbeitet aktuell an entsprechenden Plänen, um die LSVA-Kasse weiterhin zu füllen. Stand heute ist es nicht ausgeschlossen, dass alternative Antriebe dadurch auch bei der LSVA mehr in den Fokus rücken könnten. Genau aus diesem Grund braucht es Planungs- und Investitionssicherheit für die Strassentransportbranche.

«Ich setze mich als Nationalrat ein für Anreize und Belohnung anstatt Erziehung und Bestrafung.»

Reicht die LSVA-Reduktion schon oder sind noch weitere Massnahmen für eine Dekarbonisierung der Mobilität nötig?
Alternative Antriebe sind heute noch sehr viel teurer als LKW mit herkömmlichem Dieselantrieb. Die Anschaffungskosten liegen fast doppelt so hoch. Abgesehen von technischen Einschränkungen, welche die Reichweite betreffen, haben daher vor allem kleinere Transportunternehmen kaum das nötige Eigenkapital. Umso wichtiger wären staatliche Anschubfinanzierungen, wie es unsere Nachbarstaaten teilweise bereits kennen. Subventionen für den Betrieb – beispielsweise weitere Ausnahmeregelungen bei der LSVA – sind dagegen abzulehnen. Hier braucht es gleich lange Spiesse für alle.

Wie setzen Sie sich selbst bezüglich Nachhaltigkeit und Umwelt im Nationalrat ein?
Die Politik hat mit günstigen Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger freiwillig und aus Eigeninitiative auf umweltfreundliche Mobilität umsteigen oder ihre Häuser energetisch sanieren. Ich setze mich als Nationalrat ein für Anreize und Belohnung anstatt Erziehung und Bestrafung.

GuggisbergDer SVP-Politiker Lars Guggisberg am Rednerpult im Nationalrat. Quelle: Guggisberg 

Wie könnte man KMU, mit geringerem finanziellen Spielraum als grosse Player wie Migros und Lidl, bei der Umstellung auf eine grüne Logistik besser unterstützen?
Die Möglichkeiten, in einen umweltbewussten und klimaschutzorientierten Betrieb zu investieren, sind für jedes Unternehmen abhängig von Grösse, Branche usw. unterschiedlich. Somit gibt es keine allgemeingültige Vorgehensweise. Zahlreiche KMU machen freiwillig bei der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) mit, wobei es um Energie-Management und um die Umsetzung von wirtschaftlichen Effizienzmassnahmen geht. Eine Liste der ASTAG aus dem Jahr 2021 zeigt zudem Möglichkeiten auf, wie sich Strassentransportunternehmen zugeschnitten auf den eigenen Betrieb für den Umweltschutz einsetzen können.

«Es wäre vernünftig, vermehrt auf Biogas zu setzen.»

Gibt es in der Schweiz schon genügend Biogas oder könnte die Politik die Produktion und neue Infrastruktur in diesem Bereich aktiver fördern?
In der Schweiz ist die Nachfrage nach Biogas aktuell grösser als das Angebot. Die Politik hat bisher die Produktion von erneuerbarem Gas zur Einspeisung ins Gasnetz kaum gefördert, sondern ausschliesslich die eher ineffiziente Stromproduktion unterstützt. Ich bin jedoch der Meinung, dass sich neue Technologien – also auch Biogas – grundsätzlich im freien Wettbewerb etablieren müssen. Nur so ist der langfristige Erfolg gewährleistet.

Die Kreislaufwirtschaft gewinnt zwar an Bedeutung, doch wie könnte Sie hierzulande noch besser etabliert werden?
Wichtig ist, dass Unternehmen ihre Investitionsfähigkeit nicht verlieren. Zusätzliche Verbote, Einschränkungen und steuerliche Belastungen schränken die Handlungsfähigkeit von Unternehmen massiv ein, wohingegen Anschubfinanzierungen und lösungsorientierte Massnahmen förderlich wären.

«Umso wichtiger wären staatliche Anschubfinanzierungen, wie es unsere Nachbarstaaten teilweise bereits kennen.»

Ein grenzüberschreitender Biogashandel ist heute nicht möglich. Gibt es Bestrebungen im Parlament, die in diese Richtung gehen und europaweit anerkannte Biogaszertifikate ermöglichen oder untergräbt dies Biogas «Swiss made» zu sehr?
Der grenzüberschreitenden Handel mit erneuerbaren Gasen wird praktiziert. Letztes Jahr wurden mehr als 1000 GWh importiert. Diese Gase werden aber in der nationalen Treibhausgasbilanz nicht angerechnet und erscheinen in der Statistik als normales Erdgas, da die Zollgesetzgebung verlangt, dass importierte Stoffe an der Grenze physisch erfasst werden können. Wird Gas über das Netz importiert, dann ist das nicht möglich. Wird das Gas flüssig in Containern importiert, dann kann das Biogas genutzt werden und es fliesst auch in die Treibhausgasbilanz ein. Aktuell laufen auf europäischer Ebene, aber auch in der Schweiz Anstrengungen, um ein international koordiniertes Handelssystem für Herkunftsnachweise von erneuerbaren Gasen zu entwickeln. (jas, 17. Juni 2021)

Das könnte Sie auch interessieren

Klimafreundlichere Mobilität:
Dank unserem LinkedIn-Profil bleiben Sie am Ball!