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«E» allein löst das Problem nicht

Studien zu CO2-Emissionen gibt es Dutzende. Erstmals wurden nun 80 Studien aus 15 Jahren ausgewertet. Das Resultat spricht eine deutliche Sprache. Es gibt nicht die eine seligmachende Lösung.

Röntgenblick in ein modernes Elektrofahrzeug. Quelle: iStock)

Dass mag für die geneigte Leserschaft von CNG-Mobility nicht der ganz grosse Erkenntnisgewinn sein. Und doch ist es erfreulich, dass das Beratungsunternehmen Frontier Ecomomics zu folgendem Schluss kommt: «Eine klar überlegene Antriebstechnologie gibt es nicht. Der Schlüssel zu nachhaltiger Mobilität liegt in einem fairen Technologiewettbewerb und der Defossilisierung der Energieerzeugung.»

Der Gesetzgeber in der Schweiz wie auch in Europa misst CO2-Emissionen am Auspuff. Das führt dazu, dass sämtliche Elektrofahrzeuge auf dem Papier 0 Gramm CO2 pro Kilometer ausstossen. Auch die immer beliebteren Plug-in-Hybride mit reinelektrischen Reichweiten von einigen Dutzend Kilometer kommen so auf sehr gute Noten. Aus wissenschaftlicher Sicht jedoch dürfen nicht nur die direkten Emissionen im Betrieb berücksichtigt werden. Um eine aussagekräftige Gesamtbilanz zu erstellen, müssen auch die Treibhausgase in die Rechnung einfliessen, die durch die Produktion der Fahrzeuge, die Herstellung der Energieträger, deren Verteilung und nicht zuletzt das Recycling am Ende des Fahrzeuglebens entstehen. Dafür hat sich die sogenannte Life-Cycle-Analysis (LCA) etabliert.

So können beispielsweise beim batterieelektrischen Fahrzeug der Produktions- und Verwertungsprozess rund 50 Prozent der CO2-Emissionen ausmachen. Ein Fahrzeug mit Diesel- oder Ottomotor (dazu gehören auch CNG-Fahrzeuge) dagegen emittiert das meiste CO2 im Betrieb.

Frontier Economics hat nun im Auftrag der deutschen Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen (FVV) erstmals mehr als 80 Einzelstudien aus den letzten 15 Jahren ausgewertet, die insgesamt 110 verschiedene Szenarien und 430 Einzelanalysen berücksichtigen. Um die verschiedenen Antriebstechnologien und Energieträger zu vergleichen, wurden die Ergebnisse aller Studien auf einen PKW mit einer Gesamtlaufleistung von 150’000 Kilometern normiert.

So gerechnet, ergibt sich für alle Kombinationen von Antriebstechnologien und Energieträgern ein relativ enges Band der Gesamtemissionen während der Lebenszeit. Der Durchschnittswert über alle Studien reicht von 25 bis 35 Tonnen CO2 pro Fahrzeug. Hier wird von der Prämisse ausgegangen, dass zumindest teilweise fossile Energieträger wie Kohle für die Herstellung von Strom, Wasserstoff oder synthetischen Treibstoffen eingesetzt werden.

Kommen im Betrieb hingegen ausschliesslich regenerativ erzeugte Energieträger zum Einsatz, ergibt sich ein Durchschnittswert von 9 bis 16 Tonnen CO2 für das gesamte Fahrzeugleben. Diese Emissionen resultieren im Wesentlichen aus der Produktion der Fahrzeuge, den Fabriken für die Herstellung sowie der Infrastruktur für die Distribution der Energieträger. Auffallend sind grosse Abweichungen zwischen den einzelnen Studien. «Es gibt keine klare Gewinnertechnologie», fasst David Bothe von Frontier Economics zusammen. «Vor allem aber zeigt die Metastudie, wie gross die Unsicherheit bei Lebenszyklusanalysen derzeit noch ist.»

Trotz all dieser Unsicherheiten lässt sich eine generelle Aussage treffen: Nur eine seriöse Lebenszyklusanalyse erlaubt eine objektive Beurteilung technologischer Alternativen.

Die Metastudie zeigt, dass nicht die Technologie, sondern die Energie entscheidend ist für den CO2-Ausstoss eines Fahrzeugs. Gross ist das Potenzial vor allem bei biogenen und synthetischen Treibstoffen. «Etwa 20 bis 30 Prozent des fossilen Anteils aktueller Kraftstoffe lassen sich mit alternativen Kraftstoffen relativ leicht ersetzen – innerhalb der derzeit gültigen Kraftstoffnormen», sagt Marc Sens, Fachbereichsleiter Vorentwicklung Antrieb beim Engineering-Dienstleister IAV, auf automobil-industrie.de. «Blending» nennt man dieses Mischen aus fossilen und regenerativen Treibstoffen.

Laut dem Fahrzeugdaten-Spezialisten Auto-i-dat beträgt das Durchschnittsalter eines Autos in der Schweiz 9,5 Jahre. Das bedeutet, dass ein Auto mit Verbrennungsmotor, das heute immatrikuliert wird, auch im Jahr 2030 noch gefahren wird. Schafft man es, diese Autos mit einem steigenden Anteil biogener Treibstoffe zu betreiben, senkt man die CO2-Emissionen nicht nur bei den Neuwagen, sondern auch in der Bestandsflotte. Ein mächtiger Hebel, um das Klima zu schonen.

Bewährt, sicher, sauber: Der Skoda Scala G-Tec. Quelle: Skoda

So sind dem CNG, das an den rund 150 Zapfsäulen in der Schweiz getankt werden kann, aktuell 23,6 Prozent Biogas beigemischt. Die Schweizer Gasindustrie hat sich dazu bekannt, diesen Anteil bis 2023 auf 30 Prozent zu erhöhen. Mit 100 Prozent Biogas betankt, sinkt der CO2-Ausstoss eines CNG-Fahrzeuges in der Lebenszyklusanalyse um 80 bis 90 Prozent gegenüber aktuellen Autos mit Benzinmotor, die mit fossilem Treibstoff betrieben werden. David Bothe von Frontier Economics: «Werden in der Nutzungsphase ausschliesslich regenerative Energieträger eingesetzt, kann ein mit E-Fuels betriebenes Fahrzeug sogar niedrigere CO2-Emissionen aufweisen als ein batterieelektrisches Auto.» (sco, 23. September 2020)

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