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Christian Bach - Empa
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Herausfordernd ist die reale CO2-Minderung

Antriebs-Experte Christian Bach setzt zur Schadstoff- und CO2-Verminderung unter anderem auch auf synthetisches CNG in Ergänzung zur Elektromobilität. Bach forscht als Leiter der Abteilung Fahrzeugantriebsysteme an der Empa in Dübendorf ZH bereits ein Berufsleben lang an der Emissionsreduktion von Fahrzeugen.

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Christian Bach vor einem Gas-Motor auf einem der Prüfstände an der Empa in Dübendorf. Quelle: CNG-Mobility.ch

Herr Bach, seit CO2-Grenzwerte für Personenwagen eingeführt wurden, hat die Schweiz diese jedes Mal verfehlt. Wie lange wird es Ihrer Ansicht nach dauern, bis wir die 95 Gramm CO2 pro Kilometer erreichen, die seit 1. Januar 2020 gelten?
Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeugantriebsysteme Empa: Diese 95 Gramm sind ein sehr technischer Wert. Selbst wenn diese auf dem Papier unterschritten werden, ist nicht klar, wie gross die CO2-Reduktion in der Realität ist.

Wieso?
Weil verschiedene Emissionen oder auch die Fahrleistungen der verschiedenen Fahrzeuge nicht berücksichtigt werden. Oder weil sich beispielsweise die immer beliebteren Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge hinsichtlich des Verbrauchs teilweise ganz anders verhalten, als in den Zulassungsverfahren angenommen wird. Für mich lautet die Kernfrage daher: Gelingt es uns, die fossile Energie durch erneuerbare Energie zu ersetzen?

Aktuell kommen Plug-in-Hybride, die dank grossen Batterien verhältnismässig lange Strecken rein elektrisch zurücklegen können, auf rechnerisch tiefe CO2-Werte. Das führt dazu, dass viele grosse und schwere SUV mit dieser Technologie ausgestattet werden. Ist das in Ihren Augen sinnvoll?
Die Idee des Plug-in-Hybridkonzeptes ist eigentlich schon gut: Man fährt Kurzstrecken elektrisch – damit kann man auch die Schadstoffbelastung deutlich senken – und Langstrecken fährt man hybridisch. Die allermeisten Fahrten betreffen Kurzstrecken. Für diese Anwendungen ist das elektrische Fahren die richtige Wahl. Aber für Servicemonteure, die in der halben Schweiz zu Kunden fahren, oder für Familien, die in den Ferien mit dem Wohnwagen in die Toscana reisen, funktioniert das rein elektrische Konzept nicht. Da wäre der Plug-in-Hybrid eigentlich eine gute Lösung. Allerdings ist die Plug-in-Hybridtechnik teuer: Um trotzdem die Akzeptanz der Kunden zu erhalten, werden oftmals grosse und schwere Fahrzeuge mit dieser Technologie ausgerüstet, mit hohen Systemleistungen. Das ist hinsichtlich CO2-Minderung keine wirklich überzeugende Lösung.

Christian Bach - Empa
Im Interview erläutert Christian Bach von der Empa, wieso Plug-in-Hybride nur mit «vernünftigen» Systemleistungen wirklich Sinn machen. Quelle: CNG-Mobility.ch

Wie sähe eine überzeugende Lösung aus der Sicht des Forschers aus?
Plug-in-Hybride müssten mit «vernünftigen» Systemleistungen gebaut werden; nur so weisen sie ein signifikantes Einsparpotenzial auf. Ich stelle mir einen kleinen Elektro- und einen kleinen Verbrennungsmotor vor, aber weiterhin eine relativ grosse Batterie. Der Elektromotor könnte dabei auf ein hohes Anfahrdrehmoment ausgelegt werden und der Verbrennungsmotor auf Dauerleistung. Damit könnte man innerorts und auch auf der Landstrasse elektrisch fahren und auf Autobahnen oder im Lastbetrieb hybridisch.

Worin liegt der Vorteil in einer solchen Kombination?
Elektromotoren haben bei niedrigen Leistungen den höchsten Wirkungsgrad. Dieser nimmt bei höheren Leistungen teilweise deutlich ab. Bei Verbrennungsmotoren ist es genau umgekehrt. Die Kombination dieser beiden Systeme ist – für Langstrecken- oder Lastanwendungen – deshalb schon sehr naheliegend.

Das deutsche Ingenieurunternehmen IAV hat einen Hybrid mit CNG-Motor vorgestellt. Sie hatten früher gemeinsam mit der ETH, VW und Bosch ebenfalls an einem Methan-Hybriden gearbeitet. Was halten Sie von diesem Konzept?
Ich bin aus technischer Sicht nach wie vor davon überzeugt. Methan ist ein klopffester Treibstoff, der sich hervorragend für Dauerleistungen eignet und er ist als Biogas in erneuerbarer Form verfügbar. Darum ergibt dieses Konzept sehr viel Sinn. Die Schwierigkeit liegt darin, dass dies neben Elektro-, Wasserstoff-, Benzin- und Dieselhybrid- sowie -Plug-in-Hybridantrieben ein weiteres Antriebskonzept darstellt. Ich bin nicht sicher, ob die Autoindustrie so viele unterschiedliche Antriebskonzepte unterhalten will.

Christian Bach - Empa
Antriebs-Experte Christian Bach forscht an der Empa in Dübendorf an der Schadstoff- und CO2-Verminderung von Fahrzeugen. Quelle: CNG-Mobility.ch

VSG-Direktorin Daniela Decurtins hat kürzlich gesagt, dass sich die Zukunft des CNG-Fahrzeugs nicht bei den Herstellern entscheidet, sondern in Brüssel…
Ja, das hat etwas. Wer jetzt auf CNG oder LNG umstellt, tut das nicht wegen der CO2-Reduktion um 20 bis 25 Prozent bei Verwendung von fossilem Erdgas anstelle von Benzin, sondern weil mit Biogas und später mit synthetischem Methan eine zu 100 Prozent erneuerbare Option zur Verfügung steht. Damit sind ähnliche CO2-Emissionen erreichbar wie von mit erneuerbarem Strom betriebenen Elektrofahrzeugen. Insbesondere bei Flottenbetreibern sind Biogasfahrzeuge zunehmend auf dem Radar; oftmals werden sogar nur Elektro- oder Biogasfahrzeuge evaluiert. Die aktuelle Europäische Gesetzgebung bewertet heute bei Verbrennern allerdings nur die Emissionen beim Einsatz von 100 Prozent fossiler Energie, weshalb der Einsatz von Biogas bei den offiziellen Emissionswerten auf den Typengenehmigungen nicht sichtbar ist. Dies würde sich ändern, wenn von einer reinen Auspuffbewertung auf eine Ökobilanzbewertung umgestellt und dabei die tatsächliche Energie und alle Emissionen berücksichtigt würden.

Wir führen dieses Interview in der Empa, einer wissenschaftlichen Institution der Eidgenossenschaft. Gleichzeitig fokussiert die Politik bei ihren Massnahmen gegen den Klimawandel stark auf die Elektromobilität, während Biogas und Power-to-Gas unter dem Radar fliegen. Frustriert Sie das?
Nein, die Elektromobilität ist ein wesentliches Element zur CO2-Minderung. Die Empa engagiert sich stark in diesem Bereich, auch meine Abteilung. Unsere Aufgabe ist es, technologische Optionen aus einer wissenschaftlichen und unabhängigen Optik aufzuzeigen, sei dies im Bereich der Elektromobilität, der Wasserstoffmobilität oder bei mit erneuerbaren Treibstoffen betriebener Mobilität. Das fliesst durchaus in unserem Sinne in die politischen Diskussionen ein. Power-to-Gas-Technologien sind etwas komplexer zu verstehen. Bewertet man diese nur aufgrund des schlechten Wirkungsgrads, unterschätzt man den Wert dieser Sache. Das ist allerdings nicht einfach zu vermitteln… (sco, 6. November 2020)

Lesen Sich auch den ersten Teil des Interviews mit Christian Bach:
«Ohne erneuerbare Energie keine Klimawende»

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